Ist die Fütterungsideologie „BARF“ sinnvoll?

Viele Hundebesitzer die Ihren Tieren etwas «Natürliches» und «Gesundes» füttern wollen, entscheiden sich für eine BARF-Fütterung, weil die einzelnen Futterquellen und deren Herkunft bekannt sind und diese Fütterungsmethode ohne Konservierungs-, Geschmack und Farbstoffe auskommt.

Die Rohfütterung von Hund und Katze wird im deutschen Sprachgebrauch unter dem Sammelbegriff Barf (biologisch artgerechte Rohfütterung) zusammengefasst. Barf wurde ursprünglich aus dem Englischen von „Born Again Raw Feeders“ (wiedergeborene Rohfütterer), „Bone And Raw Food“ (Knochen und rohes Futter) und „Biologically Appropriate Raw Food“ (biologisch angemessenes rohes Futter) übernommen. Die Barf- Fütterung ist nicht einheitlich definiert. Grundsätzlich
besteht sie zu 70 – 90 % aus rohem Fleisch, Innereien und Knochen, 10 – 25 % Gemüse und Früchten (‘Vollbarfer’) und zum Teil
zusätzlich 20 – 25% gekochten oder geflockten Kohlehydraten oder einem unbestimmten Anteil an Trockenfutter (‘Teilbarfer’). Mit dieser Zusammensetzung sind die Barf-Rationen protein- und fettreich, was je nach Alter und Gesundheitszustand nicht optimal ist.

Der Gehalt an Mengenelementen liegt meist auch durch die Knochen über dem Bedarf, der Gehalt an Vitaminen und
essentiellen Fettsäuren ist abhängig von der Menge, Art und Qualität der Einzelbestandteile und kann von Ration zu Ration sehr unterschiedlich sein. Zusätzlich kann der Spurenelementgehalt den Bedarf von Hunden meist nicht decken.

DIE IDEOLOGIE HINTER BARF

Diese Fütterungsmethode lehnt sich den Vorfahren des Hundes an. Wölfe und Wildhunde fressen Fleisch und Knochen,
Innereien sowie Mageninhalt ihrer Beute, inklusive Gräser, Kräuter, Beeren. Nicht vergessen darf man, dass bei heutigen
Wildhunden ca 10% der Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe durch Kotfressen von anderen Tieren gedeckt wird. Vor allem die (Wild)-Hunde haben sich von Abfällen ernährt und damit das Verdauen von Kohlenhydraten gelernt, als sie sich in der Vorzeit mehr und mehr in der Nähe des Menschen aufgehalten haben. Unsere heutigen Hunde können im Gegensatz zum Wolf Kohlenhydrate (vor allem Mithilfe des Enzyms Amylase) effizient verdauen.

FÜTTERUNGSARTEN VON BARF

Die Besitzer können Barf-Rationen mit einzelnen frischen Zutaten zusammenstellen. Häufiger werden aber gefrorene Produkte
gekauft und auch getrocknete Zutaten (z.B. Karotten, Randen) eingesetzt. Ausserdem gibt es auch vorgefertigte Barf- Mischungen, die als vollständige Ration angepriesen werden, oder als Ergänzung zu anderen Futterbestandteilen gedacht sind. Einige Besitzer kombinieren die Rationen auch mit Trocken und/oder Nassfutter.

VORTEILE DER ROHFÜTTERUNG

  • Schmackhaftigkeit: viele Hunde ziehen die Rohfütterung dem Fertigfutter vor (allerdings ist gekochtes Futter genauso schmackhaft!)
  • Kenntnis der Einzelkomponenten und deren Herkunft: Der Besitzer kann beim Einkauf bestimmen, welche Grundsubstanzen er wo und in welcher Qualität einkauft (auch dies ist bei gekochten Rationen der Fall!). Bei
    zusammengesetzten Barfpaketen oder Vormischungen ist es Vertrauenssache dem Hersteller gegenüber (wie auch beim
    Trocken- und Nassfutter) was beigemischt wurde, weil die Einzelkomponenten allermeist nicht mehr ersichtlich sind.
  • Beschäftigung (Spass) für das Tier: Bei grösseren Futterstücken braucht das Tier meist länger, bis es zerkaut ist, als bei
    zerkleinerten/gewolften Barf-Rationen oder Fertigfutter. Auch hier muss erwähnt werden, dass auch Knabberteile diesen Effekt erfüllen können
  • Weniger Zahnstein: Durch das Benagen von Knochen und Kauen an grösseren Fleischstücken kann der Zahnsteinbildung bei vielen Tieren vorgebeugt werden. Dies ist aber wissenschaftlich nicht bewiesen.
  • Individuelle Anpassung: Wie beim Selberkochen kann die Ration an Alter, Gesundheit und Vorlieben des Hundes angepasst werden. Dies ist aber allgemein bei hausgemachten also auch bei gekochten Rationen der Fall!

MÖGLICHE VORTEILE

  • Allgemeine Gesundheit: Die ‘natürliche’ Ernährung mit Rohfütterung ist nicht erwiesenermassen auch gesünder. Einzelne
    allergische Hunde zum Beispiel können positiv auf Barf-Fütterung ansprechen, wenn die einzelnen Komponenten bekannt und sorgfältig ausgesucht werden. Andererseits ist bekannt, dass gekochtes Fleisch eher weniger allergische Reaktionen hervorruft als wenn es roh verfüttert wird.
  • Schöneres Fell: Einzelne Hunde haben ein schöneres Fell mit der Rohfütterung. Aber auch bei Fertigfutter ‘machen’ bestimmte Futter ein glänzenderes und schöneres Fell als andere. Das glänzende Fell kann einfach auch über die Zugabe von Öl bei jeder Fütterung erreicht werden.
  • Kleinere Kotmengen – da weniger „Füllstoffe“ in den Rationen enthalten sind, stinkt deutlich weniger

WO KÖNNEN GEFAHREN LAUERN?

  • Übertragung von Krankheiten auf Tier und Mensch: In einzelnen Studien wurden zum Beispiel in bis zu 80% der untersuchten Barf-Produkte und in 30% der Kotproben von gebarften Hunden Salmonellen gefunden. Auch andere Bakterien (z.B. Clostridium, E. coli) aber auch Viren (z.B. Aujeszky’sche Krankheit) oder eine Vielzahl von Parasiten
    (v.a. Würmer) kann über rohes Fleisch an Mensch und Tier übertragen werden. Vor allem junge, kranke oder alte Hunde und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem tragen ein erhöhtes Risiko infiziert zu werden.
  • Fehlversorgung von Nährstoffen: Bei einer in Deutschland durchgeführte Studie (Dillitzer N, Becker N, Kienzle E. Intake of minerals, trace elements and vitamins in bone and raw food rations in adult dogs. Br J Nutr 2011; 106:53–56.) wiesen 60% der Rationen schwerwiegende Mängel in der Zusammensetzung auf. Dabei waren vor allem die Kalziummenge, das Kalzium/Phosphorverhältnis und die mangelnde Versorgung von einzelnen Mineralstoffen (v.a. Kalium, Jod, Zink und Kupfer) und Vitaminen (v.a. Vitamin A und D) auffällig. Auch in kommerziellen Barf -Paketen , die als  sogenannte Komplettmenues oder Alleinfutter verkauft werden fehlen oft lebenswichtige Bestandteile oder sind im Missverhältnis vorhanden.
  • Diverse Labors bieten Blutanalysen (sogenannte Barfprofile) an, die den Besitzer bei normalen Analysewerten im Glauben
    lassen, dass die Fütterung ausgewogen ist. Es ist aber zu bedenken, dass der Körper insbesondere den Calcium Gehalt im Blut engmaschig reguliert ist. Bei einer Calcium-Unterversorgung über die Nahrung wird der Calciumgehalt im Blut sehr lange normal bleiben, denn der Körper baut Knochensubstanz ab um die Mangelversorgung auszugleichen, was zur Osteoporose führen kann.
  • Unterschiedliches Alter, Gesundheit und Rasseprädispositionen: Achtung der individuelle Bedarf eines jeden Hundes ist
    ziemlich unterschiedlich. Darum sind Barf-Rezepte aus der Literatur oder Internet immer kritisch zu hinterfragen.
  • Probleme durch Knochenfütterung: Mögliche Verstopfung oder Durchfall, Verletzungen der Speiseröhre, Zahnfrakturen, Risikofaktor zur Bildung von Blasensteinen bei prädisponierten Hunden
  • Schilddrüsenerkrankungen: Unterversorgung von Jod (siehe oben) oder auch Überversorgung mit Schilddrüsenhormonen durch Verfütterung von Schlundfleisch kann vorkommen.
  • Hoher Proteinanteil: Die überschüssigen Proteine führen zum Teil zu Dysbiosen, weicherem Kot oder Durchfall. Dabei wird Ammoniak in hohen Mengen gebildet, welcher in der Leber zu Harnstoff umgebaut wird und über die Nieren ausgeschieden wird. Dies ist für wachsende, ältere oder kranke Hunde möglicherweise krankmachend ist. Bei gebarften Hunden werden darum auch häufig erhöhte Harnstoffgehalte im Blut und im Urin nachgewiesen. Ein weiterer möglicher Risikofaktor zur Bildung von Mammatumoren beim Hund wird diskutiert.

ALLGEMEINE EMPFEHLUNG ZUR BARF FÜTTERUNG

  • Beim Kauf des Futters (v.a. bei vorgefertigten Barf-Mischungen) muss auf die Angaben des Herstellers geachtet werden.
    Nur Barf-Menues (Mischungen), die mit der Bezeichnung ‘Alleinfutter’ deklariert sind, müssen gesetzlich ausgewogen und alle Nährstoffe enthalten, die die bedarfsgerechte Versorgung eines Hundes oder einer Katze garantiert. Anders deklarierte Mischungen sind nicht kontrolliert sind weder ausgeglichen noch vollständig.
  • Beim Kauf auf gute Qualität des Futters achten. Vor allem bei gefrorenen Produkten auf Einhaltung der Kühlkette achten.
    Beschädigungen der Packungen, Verfärbungen, Feuchtigkeitsansammlung in den Ecken (qualitativ gutes und richtig gelagertes Fleisch verliert keinen Saft in der Packung) und Risse deuten auf schlechte Qualität hin
  • Zuhause auf korrekte Lagerung und Kühlung achten. Einmal aufgetaut dürfen die Produkte nicht nochmals eingefroren
    werden.
  • Händewaschen vor und nach der Zubereitung des Rohfutters. Alle Gegenstände, die in Kontakt mit dem Futter kamen sollen vor und nach dem Gebrauch mit Abwaschmittel und heissem Wasser gewaschen und getrocknet werden (auch Futter- und Trinknapf).
  • Gefrorene Produkte zugedeckt im Kühlschrank auftauen lassen und sofort verfüttern. Diese sollen nachträglich auch
    nicht mehr im Kühlschrank gelagert werden.
  • Die beim Auftauen austretende Flüssigkeit darf mit gutem Gewissen mitverfüttert werden, sofern im Kühlschrank aufgetaut wird! Sie enthält wasserlösliche Vitamine.
  • Besonders Hunde im Wachstum, alte Hunde und kranke Hunde sollen nicht roh gefüttert werden, da ihr Immun- und Enyzmsystem entweder noch nicht vollständig ausgebildet bzw. reduziert oder geschwächt ist, so dass die Verdaulichkeit reduziert ist. Zudem sind diese Tiere anfälliger auf Infektionen. Wenn ein Tier gebarft oder selber bekocht werden soll, empfehlen wir dringend eine seriöse Ernährungsberatung (siehe PP Fütterung). Insbesondere kranke Tiere
    sollten mittels tierärztlicher Ernährungsberatung eng kontroliert werden, damit Unausgewogenheiten und Langzeitschäden verhindert werden.

Jedes Futter, ob Barf, Selbstgekocht oder Fertigfutter soll im Allgemeinen:
– Ausgewogen und vollwertig sein
– Die Gesundheit fördern aber nie gefährden (auch nicht die der Besitzer)
– Gern gefressen werden

FAZIT: VERANTWORTUNGSVOLLES BARFEN

Barf Fütterung kann gesund und ausgewogen sein, ist leider oft unausgewogen und den Bedürfnissen des einzelnen Hundes nicht angepasst. Die Verantwortung liegt beim Besitzer, er muss genau wissen und verstehen was er tut. Die SVK empfiehlt jedem barfenden Hundebesitzer sich bei einer Fachperson (Tierarzt, Fachtierarzt) beraten zu lassen und die Fütterung im Verlauf des Hundelebens individuell an die Gesundheit und das Alter anzupassen.

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